Dieses Mal gibt es ausnahmsweise keinen Artikel wo wir irgendwelche Rapper oder Klischees thematisieren. Ich war schon immer Fan von Battlerap, bis 2015 hauptsächlich von Videobattles und seither überwiegend von Acapellas. Dementsprechend „traurig“ war ich auch, als ich hörte, dass in diesem Jahr das VBT beerdigt wird. Das Turnier hat Battlerap vor einigen Jahren maßgeblich geprägt und der breiten Masse zugänglich gemacht. Was 2007 einst klein und süß mit 16 Teilnehmern begann, fand vor allem zwischen 2010 und 2012 seinen Höhepunkt. 2013 konnte das Turnier gar 1680 Teilnehmer verzeichnen. Plötzlich war es für jedermann möglich, sich vor einem großen Publikum zu präsentieren. MCs hatten eine Bühne und auch die Chance sich durch Battlerap zu verbessern. Einige (wenige) der ehemaligen Künstler sind heute kaum noch aus der Szene weg zu denken. 11 Jahre und 13 Turniere später wird das VBT in diesem Jahr das letzte Mal organisiert. Wir blicken zurück auf eine wechselhafte Geschichte voll von Maskenträgern, Splashauftritten, Labelverträgen und gelegentlicher Fremdscham.
2007-2008
Für das erste VBT konnte man 16 Teilnehmer organisieren. Das Ganze ist übrigens schon so lange her, dass man seine Runden sogar noch auf MySpace hochladen durfte. Ganz zu meiner Überraschung: Myspace gibt es immer noch? Waren die nicht pleite? Naja, zurück zum Thema: Statt zwei bis drei Wochen gab es hier nur fünf Tage Frist für die Runden, dementsprechend schnell war das Turnier auch wieder vorbei. Damals hat aber auch noch niemand gewagt zu denken, dass nur wenige Jahre später ein Hochglanzvideo mit Drohnenaufnahmen nach dem anderen kommt. Pr!MaR konnte sich am Ende durchsetzen und war der erste und bis heute wohl unbekannteste Gewinner des VBT.
Das Videobattleturnier konnte schnell wachsen. Im zweiten Jahr waren schon heute bekanntere Teilnehmer wie Persteasy, Kico, Rec-Z, Cleptomatic und GeoT dabei, die auch in den folgenden Jahren immer mal wieder mitgemacht haben – nie ohne Favoritenstatus. Witzig waren vor allem die Videos, damals entdeckten erste Teilnehmer den Greenscreen und in gefühlt jedem dritten Video wurde ganz stolz präsentiert, was man mit eben diesem und dem Windows Movie Maker im Kinderzimmer so alles anstellen kann. Splifftastic, der allen, die das VBT ernsthaft verfolgt haben, ein Begriff sein sollte, entschied das Turnier 2008 schlussendlich für sich. Er konnte sich im Finale doch relativ deutlich gegen Rec-Z durchsetzen. Nebenbei erwähnt habe ich gerade einen Ohrwurm zu seiner Hook „Spliff zu dem tastic gibt dir den Asskick…“
2009-2010
Innerhalb der Hiphop-Szene war das VBT mittlerweile schon vielen ein Begriff und die Teilnehmer- sowie Zuschauerzahlen konnten deutlich wachsen. Im VBT 2009 nahmen mittlerweile schon 276 Rapper teil. Im Finale konnte sich Dauerteilnehmer Kico gegen 4ree durchsetzen. 2010 nahm der Hype dann so langsam fahrt auf. Man organisierte mit Teufel sogar einen Sponsor, was heute leider bei dem ach so bösen Battlerap fast undenkbar geworden ist. Gefühlt war es die Zeit der Eypros. Nachdem Splifftastic 2008 triumphieren konnte, stieg Sorgenkind 2009 im Halbfinale aus und 2010 war Djin an der Reihe. Nachdem ich das VBT 2009 eher halbgar verfolgt habe, war 2010 dann das erste Turnier, wo ich richtig mitgefiebert habe. Was mir alles so im Kopf geblieben ist: Scotch brachte seine ersten VBT-Partyvideos, Koala zeigte eine schlechte Hook um die nächste, Wie-Vergleiche waren im Trend wie nie zuvor und irgendwie hatten alle beef. Letzteres hat das Turnier irgendwie sogar bereichert. Die Teilnehmer konnten sich untereinander einfach nicht leiden und die Runden waren dadurch schön hasserfüllt und persönlicher denn je. Die Rapper hatten einfach richtig Bock, ihre Gegner zu ficken. Nicht zu vergessen entstand dadurch mit das beste Finale der VBT-Geschichte. Die Atmosphäre in diesem hasserfüllten Battle ist einfach unschlagbar. Super auch, noch einmal den „Kneipenschläger“ Olson (Rough) zu sehen, bevor er damit anfing weichgespülte Instagram-Musik zu machen. Djin konnte sich am Ende verdient gegen GeoT durchsetzen und gewann das Finale.
2011-2012, Battlerap auf dem Höhepunkt
Was war das für eine Zeit. Ich glaube, das VBT war Gesprächsthema Nummer eins auf allen Schulhöfen. „Hast du die neue Weekend Runde gehört?“ „3Plusss geht voll ab!„. Auf einmal kannte jeder das VBT: Den Typ mit der Kinderstimme, den mit der Iron-Man-Maske und den witzigen dünnen Kerl. Die Runden erreichten binnen weniger Tage die eine Millionen Aufrufe. Teilweise sogar Vorrunden, die nicht mal auf dem rappers.in Channel waren. Was mein 15-Jähriges Ich zu der Zeit am meisten feierte? Vermutlich die Frank Castle Cooking Gang, welche aus Coru, Lance Butters und Bennett On besteht. Worüber die Szene sich wohl am meisten aufregte? Das Ausscheiden von Battleboi Basti im Halbfinale. Das VBT hat so an Bekanntheit gewonnen, dass sogar die durchschnittlichen Rapper einigermaßen davon profitieren konnten. Nicht zu vergessen ein Breit MC, der mit nur zwei Auftritten im VBT maximale Bekanntheit erlangte. Nochmal: Der Typ ist nach VR1 geflogen!
Im darauffolgenden Jahr ging das VBT eine Kooperation mit dem Splash! Festival ein, was zusätzlich einen großen Hype generieren konnte. In den Formaten durften nur die Besten teilnehmen: Ehemalige VBT-Gewinner und ein paar wenige konnten um Wildcards kämpfen. Der Gewinn: Man durfte eine Show auf dem Splash! spielen, was für viele eine zusätzliche Motivation bot, denn für aufstrebende Rapper ist es oftmals ein großes Ziel, dort spielen zu dürfen. Im Finale 2012 erreichte das VBT seinen Zenit. Battleboi Basti vs. Weekend. Für die Rückrunde sicherte sich Weekend sogar eine Hook von den 257ers. Ob diese nun gut ist, sei mal dahingestellt. Gleichzeitig war dieses Battle wohl auch der Höhepunkt des VBTs. Ich war vor dem Battle auf jeden Fall noch Team-Basti. Aber alter, Weekends Konter war einfach unfickbar.
Der Gewinner, Weekend, durfte dann auch tatsächlich das Splash! Festival 2012 eröffnen. So nett wie der Junge Herr war, durfte BattleBoi Basti für ein- zwei Songs auch auf die Bühne. Am Ende standen bestimmt 500-1000 Menschen vor der Stage und haben zu den VBT-Runden mitgerappt. Das ist heute komplett undenkbar. Könnt Ihr euch hier anschauen.
Der Erfolg des Turniers blieb auch den Medien nicht verborgen. Beinahe im Wochentakt kamen Berichte über das Turnier raus und Teilnehmer hatten plötzlich Besuche von Fernsehteams. Nicht zu vergessen: Der Weekend-Auftritt bei „Schau dich schlau“, welches gleichzeitig auch Hauptthema im Finale des VBT Splash war. Woche um Woche kamen neue Nachrichten rund um Signings der Teilnehmer an die Öffentlichkeit: Weekend bei Chimperator, Lance bei Four Music … ach ja, und die Halunkenbande. Was wäre Deutachrap nur ohne die Halunkenbande.
Das VBT war so bekannt, es gab Anfang 2013 sogar eine VBT-Tour quer durch Deutschland, organisiert von Kico und Pimf. Überlegt mal, da haben Leute Eintritt bezahlt, um zu hören, wie Punch Arogunz und ÉSMaticx live ihre VBT-Runden spielen.
Nach dem Finale des ersten VBT-Splash hatte man dann bald das Gefühl, alle wären irgendwie übersättigt und ein halbes Jahr später, nach dem VBT 2012, ging es endgültig bergab, auch wenn es niemand so wirklich aussprechen wollte. Es gab zwar immer noch einige Hypes, mit EstA und Punch Arogunz haben auch Teilnehmer die Millionen Klicks erreicht, coole Teilnehmer wie Pimf, Persteasy und Happy Beckmann waren auch dabei, aber überlegt mal: Klaus Bukakke hat das Turnier gewonnen. Damit sollte eigentlich alles gesagt sein.
2013-2015
Irgendwie kann ich mich beim VBT 2013 an kein besonderes Ereignis erinnern. Ich glaube, das VBT war hier nach dem Riesenhype in den vorherigen beiden Jahren mehr oder weniger tot. Das Turnier 2013 war ein kleiner Flop und man beschloss, bis 2015 eine kleine Pause einzulegen. Ach, was mir doch noch eingefallen ist: Wie konnte Diverse bitte so viele Klicks auf seine Müllrunden bekommen und es bis ins 16tel schaffen?
Und warum ist Duzoe nochmal ausgestiegen? Ich glaube, gewonnen hätte er ziemlich sicher. Allein was er für Vorrunden abgeliefert hat ist wirklich nicht normal. Guter Mann.
seit 2015
Das letzte, wirklich coole Turnier mit vielen interessanten Teilnehmern war wohl das VBT 2015. Jenemy, Frank Hemd, Entetainment, Jaspa, Dima Richman, Cleptomatic, Aytee … Die Liste der guten Teilnehmer ist ziemlich lang. Die Reichweite war auch wieder da und am Ende kam bis auf ein paar dubiose Entscheidungen der Jury ein ziemlich gutes Turnier bei raus. Jenemy, dem ein oder anderen RBA-Head eventuell schon bekannt gewesen, entschied das Turnier für sich und gewann neben einer Reise nach New York ein Albumdeal inklusive Promo mit Groove Attack. Allerdings ist Jenemy das Paradebeispiel dafür, dass man als guter Battlerapper nicht automatisch auch gute Songs macht. Ich weiß gerade nicht mal, ob er überhaupt schon mal ein Track gemacht hat.
Leider war das auch das letzte wirklich coole Turnier, denn während damals noch haufenweise einzigartige Battlerap-Artists das Teilnehmerfeld bildeten, sind es gefühlt bis auf ein paar Ausnahmen heute nur noch die Selben Internetrapper ohne Charakter, die immer und immer wieder die gleichen langweiligen Punchlines auf einen EPIC CHOIR Beat rappen. Man startete nach dem VBT 2015 eine „Elite“-Version mit 64 Teilnehmern, welche allerdings nicht an die Splash! Vergangenheit anknüpfen konnte.
Weshalb ich zu den ganzen Turnieren ab 2015 nicht viel sagen kann: Ich habe wie vermutlich viele Leser auch damit aufgehört, das ganze aktiv zu verfolgen. Einen kleinen Grund dafür findet man im vorherigen Absatz. Jedenfalls zieht rappers.in mit dem VBT zum passenden Moment einen Schlussstrich. Das VBT war super, hat haufenweise Talente und Rapper rausgebracht und über zehn Jahre wahnsinnig viel kostenlose Unterhaltung geboten. Jetzt ist dann aber auch wirklich genug. Ruhe in Frieden!
Wer sich das VBT 2018 anschauen möchte, kann das hier tun: https://www.youtube.com/user/wwwrappersin/videos
[…] alte Zeit“ lesen möchte, legen wir unseren Rückblick über 10 Jahre VBT ans Herz (hier entlang). Rest in Peace, […]
Klaus Bukkake hat aber fern von unverdient 2012 gewonnen. Flow und Technik sind nicht wichtiger als Auftreten, Punchlines und Konter.
Schade, dass dieser zugegeben gut zusammenfassende Artikel so viel persönliche Meinungen beinhalten muss.